Pfarrkirche St. Martinus Schwabsberg

Über den Ursprung der Pfarrei Schwabsberg Angaben zu machen, ist bei dem vollständigen Fehlen urkundlicher Belege am Ort nicht möglich, außer man würde auf historische Korrektheit verzichten und der Phantasie freien Lauf lassen. Ab und zu finden sich zwar einige Notizen, die das Dunkel etwas erhellen. So schreibt Dr. Hutter in einer Abhandlung "Gebiet der Reichsabtei Ellwangen", Schwabsberg habe mit seiner Martinuskirche schon vor der Gründung des Klosters Ellwangen (ca. 750) bestanden. Ob durch den nahegelegenen "Limes", das Kohortenkastell Buch mit angrenzendem "vicus" (Lagerdorf) vereinzelt Christen am Ort waren, lässt sich zwar annehmen, aber nicht belegen. Auch kann die Verehrung des Hl. Patrizius in der Gegend evtl. ein Hinweis auf die Anwesenheit irisch-schottischer Glaubensboten sein. Ebenso sind die Namen der Frankenmissionare, die der Kirche in Schwabsberg "St. Martinus" als Patron gaben, nicht überliefert.

Die bestehende Pfarrkirche ist wohl eine Urkirche. Sie steht auf einem künstlichen Hügel, dessen Wall durch eine hohe Mauer ersetzt wurde. Urkundlich wird die Kirche bereits im Jahre 1401, der Kirchenpatron St. Martin erstmals 1460 erwähnt. Sicher ist, dass die Gründung des Klosters Ellwangen Ausstrahlung und Einfluss auf die kirchlichen Verhältnisse in Schwabsberg genommen hat. Der früher hier ansässige Ortsadel der Ritter von Schwabsberg, der 1567 ausstirbt, erscheint schon 1240 im Ellwanger Truchsessenamt. Bald danach werden aus seiner Mitte drei Äbte von Ellwangen genannt: Otto (1253 - 1269), Konrad (1269 - 1278) und (ganz sicher) Ekkehard von Schwabsberg (1278 - 1309).

Schon sehr früh wurden die Orte Buch und Schwabsberg zu einer Pfarrei zusammengezogen, der genaue Zeitpunkt ist jedoch bis heute noch nicht genau erforscht. In ihrer Frühgeschichte wurde die Pfarrei seelsorgerisch von Ellwangen aus betreut. Dies ist belegt durch eine vorhandene Kommunikantenliste aus dem Jahre 1574, wo aus Schwabsberg 114 und aus Buch 102 zur Kommunion Berechtigte namentlich aufgeführt sind. Auch enthält das Ellwanger Taufregister aus dieser Zeit Namen von Täuflingen aus Schwabsberg und Buch. Im Ort Buch wurde eine Marienkapelle erbaut (eine Stiftung der Ahelfinger) welche urkundlich 1593 erwähnt wird.

Zu den Sonntagsgottesdiensten kam regelmäßig ein Vikar (Cooperator) nach Schwabsberg. Doch auch das Kloster Ellwangen schickte Prediger und Klostermönche. So berichtete P. Ph. Jenningen am 14.10.1687 nach Augsburg u.a.: "Ich ... eilte, (von Dalkingen kommend) nach dem Orte Buch, wo Kinder und Erwachsene zahlreich in der Kirche zusammenkamen, geistige Nahrung erwarteten und ich im Geben von ihnen empfing. Gestern, am Werktag, habe ich in Schwabsberg 43 Beichten von Kranken, alten Leuten und sonstigen Pönitenten, gehört. Nach der Messe hielt ich Predigt und Christenlehre vor einer zahlreichen Zuhörerschaft ....

Hatte die Pfarrgemeinde auch keinen eigenen Pfarrherrn, so zeigte sie doch schon immer eine große Opferbereitschaft. Bereits 1658 wurde ein heute noch vorhandener Tabernakel angeschafft, 1689 eine Martinsglocke, 1719 der Ölberg erneuert.

Vom Bistum Augsburg zum Bistum Rottenburg

Im Jahre 1733 begann in Schwabsberg der Kirchenneubau und 1750 war ein neues Pfarrhaus bezugsfertig. Damit wurde nach über 100jähriger Vakanz die "Pfarreilichkeit" unter probsteilicher Herrschaft ab 1749 mit der Einsetzung von Pfarrer D. Geyer wiederhergestellt. In seine Amtszeit fiel die Einweihung der neuen Kirche am 12.3.1752 durch den zuständigen Bischof von Adelmann von Augsburg. Von nun an war die Pfarrstelle ununterbrochen besetzt.

1755 kam Pfarrer F.A. Madeion. Von ihm wurde eine ausführliche Gottesdienstordnung und sonstige organisatorische Regelungen schriftlich festgelegt. Ihm folgten von 1756 - 1799 sieben weitere Pfarrherrn, die teilweise nur wenige Jahre am Ort waren. Aus der Amtszeit des Pfarrers J. B. Schwager (1799 - 1806) ist folgender Satz aus der Chronik besonders bedeutsam: "Das römische Kaiserthum deutscher Nation wurde zu Grabe getragen und die weltlichen Großen theilten sich in die reichliche Beute der geistlichen Fürstenthümer, Abteien und Klöster ... " Schwabsberg wurde nun württembergisch. Die Erhebung Friedrichs (später König von Württemberg) zur Churfürstenwürde musste auf Anordnung von der ganzen Gemeinde gefeiert werden.

Unter Pfarrer G. H. Mesmer (1806 - 1807) wurde die Pfarrei am 12. 7.1806 einer Abmachung zwischen Herzog Friedrich und dem Kaiser Franz von Österreich zufolge dem "regnurn" der württembergischen Majestät unterstellt. Auch unter seinem Nachfolger, Pfr. J. Schlöder, gingen die politischen Umwälzungen weiter. Die Einkommen der Pfarrer waren zu dieser Zeit sehr gering. So wurde Pfarrer Schlöder, der sich wegen seines geringen Einkommens beklagte, anno 1820 eine Aufbesserung um 100 Gulden jährlich gewährt.

Damit verbunden wurde allerdings das ausdrückliche Verbot, bei den Jahrtagsmessen für die Ritter von Ahelfingen in der Bucher Kapelle künftig andere Geistliche zuzuziehen - dies war bisher Brauch, womit natürlich auch eine kostspielige Bewirtung der eingeladenen Gäste verbunden war. Durch die politischen Umwälzungen und Neueinteilungen wurde es notwendig, Für Württemberg eine eigene Diözese zu schaffen, das Bistum Rottenburg (1821).

Das Pfarreileben zur Zeit des württ. Königreiches

Nach dem Weggang von Pfarrer Schlöder blieb die Pfarrstelle von 1828 ­1835 unbesetzt. Der gestrenge Kaplaneiverweser Herlikhofer (1828 - 1832) verwaltete zunächst die vakante Pfarrei. Seine "polizeilichen Maßnahmen" stießen bei den Gläubigen auf Ablehnung. Als nach weiterer unregelmä­ßiger Betreuung 1835 Pfr. Selig eingesetzt wurde, musste er in seiner neuen Gemeinde einige Gebrechen feststellen: Trunksucht, Nachtschwärmerei, Müßiggang u.a. Nach seinem Weggang war die Pfarrei von 1838 - 1840 wieder verwaist. Während dieser Vakatur wurde die Pfarrei von Pfarrverweser Sinz und Pfarrer Knoll aus Dalkingen mitversorgt. Endlich kam mit Pfarrer Mathias Baier ein Seelsorger der 30 Jahre lang in der Gemeinde wirkte. In seine Amtszeit fiel vor allem die Ablösung der "Zehnten" und die "Privatisierung der Eigentumsrechte". Dabei kam es zwischen dem Pfarrherrn und "widerhaarigen" Bauern zu manchen Reibereien. 1865 war die Primiz von M. Winter, Schwabsberg.

Nach dem Tod von Pfr. Baier (Grabplatte an der Kirche) übernahm 1871 der weltoffene Pfarrer J. B. Martin Schmitt die Pfarrei. Er schrieb ab dieser Zeit eine Pfarrchronik, die seither laufend fortgeführt wird.

Durch die bismarckschen Gesetze mussten 1872 die Jesuiten deutschen Boden verlassen. Der Kulturkampf setzte ein. Erzbischöfe, Bischöfe und Geistliche wurden gefangengenommen, Pfarrhäuser durchsucht, die Zivilehe eingeführt. In dieser Zeit gründetet Pfarrer Schmitt als Gegenpol einen Kath. Volksverein, den sogenannten "Piusverein".

1875 bekam die Pfarrgemeinde ein neues Geläute (As-dur) und 1876 eine von der pol. Gemeinde finanzierte Turmuhr. Der Friedhof, der bisher bei der Kirche war, musste wegen Platzmangel an den Nordrand des Ortes verlegt werden. 1883 wurde eine neue Orgel angeschafft und 1884 beim Pfarrhaus ein Waschhaus gebaut. Darüber schrieb Pfr. Schmitt: "Die Bauerei beanspruchte bei der bewundernswerten Faulheit der Staatsmaurer eine lange Zeit". Im Jahr 1877 gründete Pfarrer Schmitt einen Männerchor, den er selbst leitete. Dieser trug sogar beim Jubiläum der Schönenbergkirche 1882 dort ein vollständiges Choralamt vor. 1875 pilgerte Pfarrer Schmitt nach Rom und ins Heilige Land. Er verließ die Pfarrei 1894.

Von 1895 - 1909 leitete Pfr. A. Harsch, dann ein weiteres Jahr Pfr. H. Fischer die Pfarrei. In diesen Zeitraum fiel die Primiz von Dr. J. Fürst (1895) und der Bau der Friedhofskapelle (1901 - 1904). Im Jahre 1910 kam Pfarrer W. Schunter für 20 Jahre nach Schwabsberg.1912 wurde für die Kapelle in Buch ein Tabernakel gestiftet und seither dort das Allerheiligste verwahrt. Ab diesem Jahr wurde in Buch an der neuerbauten Schule Religionsunterricht erteilt. 1914 kam elektro Licht in die Pfarrkirche und in die Kapelle nach Buch.

Im Sommer 1914 war die Primiz von M. Hutter, Schwabsberg. Kurz danach begann der 1. Weltkrieg. An fast allen Kriegsschauplätzen waren hiesige Pfarrkinder eingesetzt. Schwester Casta war in den Karpathen und in Nordfrankreich als Krankenschwester im Einsatz. Als Kriegsfolge wurden einige Orgelpfeifen, die Kupferdrähte der Blitzableiter sowie 2 Glocken der Pfarrkirche und 1 Glocke in Buch beschlagnahmt. Der Krieg forderte von der Pfarrgemeinde 22 Gefallene.

Die Nachkriegszeit - ein neuer Krieg Nach dem 1. Weltkrieg herrschte im ganzen Lande Not. Von Lichtmess bis Oktober 1920 erholten sich 22 Kinder aus dem Erzgebirge in der Pfarrei. 1921 wurden für die Kapelle in Buch eine ältere Glocke, 1922 für die Pfarrkirche 2 neue Glocken erworben. Das Friedhofsglöckchen, das zwischenzeitlich auf dem Turm der Pfarrkirche aushalf, konnte wieder auf seinen alten Platz zurückgebracht werden. Nach ihrem Aufzug in den Turm wurden die beiden neuen Glocken aus lauter Freude, wieder ein neues Geläut zu haben, so stürmisch geläutet, dass die unten hängende kleinere sich überschlug und der größeren darüberhängenden eine solche Wunde beibrachte, dass sie nicht mehr klingen konnte. So hatte Schwabsberg wohl ein Geläute, aber kein Glockenklingen, sondern ein, jämmerliches Geschetter." Im gleichen Jahr wurde das Kriegerdenkmal aus dem Jahre 1719 zu einer offenen Kapelle mit einer Gedenktafel für die 22 Gefallenen des Krieges umgestaltet.

Schon im Jahre 1927 wurde versucht, an die Hebammenstation eine Krankenpflegestation mit Kinderschule anzuschließen. Das Vorhaben scheiterte jedoch an der Unverträglichkeit der Schwestern.

Im Herbst 1930 zieht Pfarrer Schunter nach Lorch, um dort als Pensionär noch seelsorgerisch weiterzuwirken. Schon 2 Wochen später übernimmt Pfarrer H. Mühleisen die Pfarrei. Unter seiner Regie wird im Dezember des Jahres der Kath. Frauenbund gegründet. Versuche, die Jugend und die Männer neu zu sammeln, hatten nicht den gewünschten Erfolg.

Im Sommer 1931 war die Primiz von Pater A. Bieg, Schwabsberg. Die Jahre danach brachten Wahlen auf Wahlen bis zur Machtergreifung der Nazis im Jahre 1933. In diesem Jahr feierte Pater R Vogler, Buch, seine Primiz. Durch eine Stiftung konnten im August des Jahres 3 Glocken der Pfarrkirche, darunter auch die "Schettere" duch ein neues vierteiliges Geläute (As-Dur) ersetzt werden. Bei der Restaurierung der Kapelle in Buch entdeckte man den ursprünglichen Südeingang. Von 1933 - 1937 wird dort auch eine Sakristei und ein Vorbau am Eingang angebaut. Der Aufgang zur Kapelle wird neu angelegt. 1938 herrschte in der Gemeinde eine Viehseuche solchen Ausmaßes, dass sogar der Gottesdienstbesuch wegen Ansteckungsgefahr untersagt werden musste.

Diözesanbischof Sproll wurde von den Nazis ins Exil verbannt. Bei Kriegsausbruch 1939 wurden zahlreiche Männer eingezogen, Pferde und Kraftfahrzeuge mussten abgeliefert werden. Ab 1941 wurden christliche Presseerzeugnisse verboten. Drei Glocken wurden beschlagnahmt. Die Bombardierung der Großstädte brachte "Evakuierte" aus Stuttgart und aus Städten des Ruhrgebietes in die Gemeinde. Ab 1944 war die Tieffiiegerplage der Amerikaner so groß, dass der Gottesdienst einige Mal unterbrochen werden musste. Im Frühjahr 1945 erlebte die Pfarrei Einquartierungen, Fliegerangriffe und den Rückzug der deutschen Truppen. Die Amerikaner besetzten am 22. 4. 1945 Buch und Schwabsberg. Der Krieg forderte von Schwabsberg und Buch 38 Gefallene und 13 Vermisste. Von den Heimatvertriebenen, die aus östlichen Ländern in der Pfarrgemeinde aufgenommen werden mussten, sind 9 Familienangehörige gefallen, 5 weitere vermisst.